Autoren - Adventkalender 2020

Monika Niessen

Willkommen hinter meinem Türchen vom:

12.12.

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Ein schwieriges Jahr

von Monika Niessen

Ulrike Anders nahm nach ihrem Frühstück noch eine weitere Tasse Kaffee mit zu ihrem Schreibtisch, öffnete ihr Email Programm und las erst einmal. Sie war früh dran, hatte noch Zeit bevor sie sich in der Firma einloggen musste, wie sie das nun seit März jeden Morgen tat.

Beate, vom Ziegenhof hatte ihr geschrieben. Diese Mails las sie sofort, denn Beate war ihr zur Freundin geworden, in einer Zeit, als sie feststellte, dass die keine Freunde, sondern nur Bekannte hatte.

»Hallo Ulrike, hast du schon mal auf den Kalender geschaut? In gut zwei Wochen ist der 1. Adventssonntag. Ich erzählte dir bereits, dass wir diese Zeit auf unserem Hof ganz besonders gestalten. In diesem Jahr können wir zwar keine Leute einladen, aber unsere Kontakte werden wir trotzdem pflegen. Du hast uns in den letzten Monaten so oft geholfen, da möchte ich dich gern zum Plätzchen backen einladen. Hast du Lust? Wenn ja, dann komm einfach am Freitagmorgen, wie sonst auch hierher. Du weißt, Platz haben wir, auch beim Backen können wir Abstand halten.«

Tatsächlich, heute war Donnerstag, der 12. November und das Wetter so mild, dass Ulrike noch gar nicht an Weihnachten denken mochte. Sie schrieb Beate kurz, das sie sich aufs Plätzchen backen freue und begann zu arbeiten. Der Vormittag verging so schnell, dass sie fast vergessen hätte ihren Kaffee auszutrinken.

Einen Teil ihrer Mittagspause nutzte Ulrike zu einem kurzen Spaziergang im nahegelegenen Park, wie jeden Mittag. Sie überlegte, wann sie zum letzten Mal Weihnachtsplätzchen gebacken hatte. Mit ihrer Oma, vor über 30 Jahren. Als sie die Schule und ihre Ausbildung beendet hatte, zog sie gleich in die Großstadt. Mittlerweile lebte auch niemand mehr von ihrer Familie. Sie dachte, sie habe ihre Arbeit und in ihrer Freizeit genügend Freunde mit denen sie etwas unternehmen konnte. Warum sollte sie sich binden? Bis zu diesem März war ihre Welt in Ordnung.

Dann sollte sie im Home-Office arbeiten und da es nicht so viele Aufträge gab, verkürzt. Nun hatte sie ein sehr langes Wochenende, das aus Freitag, Samstag, Sonntag und Montag bestand. Viel Freizeit und keine Freunde, die etwas mit ihr unternehmen wollten. Zunächst war sie erleichtert, brauchte sie doch ihren 50 Geburtstag nicht zu feiern. Eine Zahl, die sie erschreckte, aber als sie wieder in ihr Lieblingsrestaurant gehen konnte, war von ihrer alten Clique nichts mehr zu sehen. Sie versuchte einige zu erreichen, aber wenn sie sich überhaupt meldeten, dann hatten sie keine Zeit für sie.

Frustriert kaufte sie sich ein Fahrrad und erkundete die Umgebung. So war sie eines Tages am Ziegenhof angekommen. Zunächst wollte sie dort im Hof Café nur eine Pause einlegen und dann weiterfahren. Während Ulrike draußen saß, konnte sie die Ziegen beobachten. Die Tiere gefielen ihr. Eine junge Frau, die ihr Kaffee und Kuchen serviert hatte, lud sie ein, sich auf dem Hof umzusehen. Sie war an diesem Tag der einzige Gast, so das Beate, die Chefin, ihr den Stall und die Käserei, allerdings durch ein Fenster, zeigte. Der Hofhund wurde ihr ständiger Begleiter.

Ulrike fühlte sich dort so wohl, dass sie am nächsten Wochenende wieder zum Ziegenhof fuhr. Sie machte viele Fotos von den Ziegen und dem Hund. Dann entdeckte sie, dass es auch noch einen Geflügelhof gab, der aber Beates Bruder, einem Tierarzt gehörte. Seine Praxis war unweit des Ziegenhofes.

Zuhause besuchte sie die Homepage des Ziegenhofes und sah, dass es auch Ferienwohnungen dort gab. Da wollte sie sich doch gleich mal einquartieren.

Die Wohnung war seit dem Sommer ihr Zweitwohnsitz, sonst hätte sie jetzt im November nicht dort wohnen dürfen. Wenn sie es sich so recht überlegte, dann fühlte sie sich in ihrem Zweitwohnsitz viel wohler als in ihrem Zuhause in der Stadt.

Seufzend begab sie sich wieder an ihren Schreibtisch. Wenigstens die Arbeit machte ihr noch Spaß, aber die könnte sie vom Ziegenhof aus auch erledigen.

Am Freitagmorgen packte sie ihre Sachen fürs Wochenende und fuhr los.

Beate erwartete sie bereits. Der Plätzchenteig war fertig zum Ausrollen und ausstechen. Beate besaß ganz besondere Formen. Es gab kleine Ausstechförmchen in Form eines Hundes, einer Ziege, vom Haus und eines Weihnachtsbaumes. Diese vier Förmchen wurden für den gesamten Teig verwendet. Während Ulrike mit dem Ausstechen beschäftigt war, kümmerte Beate sich um das Backen der Plätzchen. Bis zum Abend waren die beiden so beschäftigt.

Am anderen Morgen, nachdem die Ziegen gemolken und gefüttert waren, wurden die Plätzchen verziert. Eine Arbeit, die Ulrike besonders viel Spaß machte. Während sie arbeiteten fragte Beate, ob Ulrike nicht ganz zu ihnen ziehen wolle, dann wären sie ein Haushalt. Man wisse ja nicht, wie lange die Pandemie anhielte, da wäre sie in der Stadt doch recht einsam. Schließlich hätten sie auch schnelles Internet, da könne sie auch vom Ziegenhof aus arbeiten.

Ulrike gestand, dass sie diesen Gedanken auch schon hatte.
Als am Abend die Familie mit Ulrike zusammensaß, erzählte Beate von ihrer Unterhaltung. Ulrike war überrascht, das Beates Mann, ihre Tochter und deren Mann, sowie Beates Bruder, der Tierarzt, so begeistert von der Idee waren, dass Ulrike zu ihnen ziehen könnte. Ulrike dachte an die Ferienwohnung. Aber Beate und ihr Bruder schlugen ihr vor, in die Dachwohnung im Haus der Tierarztpraxis zu ziehen. Diese Wohnung war renoviert und wegen der Pandemie noch nicht wieder vermietet worden.

Bernd, Beates Bruder lud Ulrike für den Sonntagmorgen zur Besichtigung ein. Bisher kannte Ulrike von diesem Haus nur die Räume der Tierarztpraxis im Parterre. Im ersten Stock wohnte Bernd seit seiner Scheidung allein. Darüber war die Dachwohnung, die sogar einen kleinen Balkon besaß. Ulrike gefiel die Wohnung sehr gut, ihre Möbel würden passen. Eine neue weiße Küche war bereits eingebaut. Es gab einige Einbauschränke, die der Schräge angepasst waren. So brauchte Ulrike keine Schränke mitzubringen.

Am darauffolgenden Wochenende fand Ulrikes Umzug statt. Alle halfen mit. Trotzdem fand sie noch Zeit Beate bei der Weihnachtsdekoration des Hofes zu helfen. Im Café wurde nur wenig dekoriert, denn das sollte über die Feiertage geschlossen bleiben. Nur der Hofladen blieb bis Heiligabend geöffnet. Beate hatte mit ihrer Tochter kleine Beutel genäht. Ulrike half, sie mit den selbstgebackenen Plätzchen und Kostproben vom Ziegenhof zu bestücken. Diese Beutel wurden an die Stammkunden verschenkt.

Den Vormittag des 24. Dezembers verbrachte Ulrike allein in ihrer neuen Wohnung. Sie betrachtete ihre Weihnachtsdekoration und dachte darüber nach, wie schnell doch die letzten sechs Wochen, seit Beates Email vom 12.November, vergangen waren. Es gab ja so viel zu tun und alles hatte ihr viel Freude bereitet. Die Adventssonntage waren eine besondere Zeit für die Familie, zu der Ulrike sich bereits zugehörig fühlte. Sie rezitierten Gedichte, sangen Weihnachtslieder, während Bernd sie auf dem Klavier begleitete. Es wurden Geschichten erzählt und vorgelesen. Auch Ulrike beteiligte sich daran. Nun war sie auf den Heiligenabend gespannt. Gestern hatte Beates Mann mit Hilfe des Schwiegersohns bereits einen sehr großen Baum zwischen Ess- und Wohnzimmer aufgestellt. Den wollten die beiden heute schmücken, während Beate und ihre Tochter sich um das Essen kümmerten.

Ulrike wurde erst um sieben Uhr zum Abendessen wieder erwartet.

Bernd musste am frühen Morgen zu einem Bauernhof um nach einer kranken Kuh zuschauen. Während Ulrike über die letzten Wochen nachdachte, klingelte ihr Telefon. Sie nahm ab, es war Bernd. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass er bereits zurückgekommen war. Er fragte, ob sie noch einen Kaffee für ihn habe. Ihr Herz schlug besonders schnell, als sie seine Frage bejahte. Bernd war noch nie allein mit ihr in ihrer Wohnung, hatte aber schon oft betont, wie schön und gemütlich Ulrike die Wohnung eingerichtet habe.

Mittlerweile war es Mittag. Bernd hatte einen Gemüseauflauf mitgebracht, den sie nun zusammen aßen. Nach dem Essen tranken sie Kaffee und plauderten angeregt, bis Bernd mit beiden Händen Ulrikes Hand ergriff und fragte: »Kannst du dir vorstellen jeden Tag so mit mir zu verbringen?«
Ulrike antwortete, dass sie sich ein Leben mit Bernd sehr gut vorstellen könne.

Pünktlich um sieben Uhr erschienen Ulrike und Bernd Arm in Arm zum festlichen Abendessen bei Beate und ihrer Familie. Es wurde ein heiterer, aber dennoch festlicher Abend.
So einen Heiligen Abend hätte sich niemand nach diesem schwierigen Jahr vorstellen können.



Monika Niessen

Monika Niessen Potrait

Pünktlich zu meinem 70.Geburtstag erschien mein 1. Clementine Weidenbrecher Band. Die Heldin läuft mit einem Rollator und erlebt viele kriminelle Geschichten.

Es machte mir Spaß, zu sehen, wie vielen Menschen ich mit dieser lokalen Krimifigur, die auch mal Dialekt spricht, eine Freude bereitete.

Da ich auch gerne Märchen schreibe, es sind über 100, brachte ich im Jahr darauf das Buch »Märchenzeit«, sowie einen 2. Clementine Weidenbrecher Band heraus.

Zwischenzeitlich erschien auch »Vom Lieben und Leben am Rhein« und im Dezember 2018 der 3. Krimiband.

Was gibt es sonst noch von mir zu erzählen? Ich lebe mit meinem Mann in meiner Geburtsstadt Remagen, und meine Geschichten haben alle einen lokalen Bezug.


Kontakt & Info:

Die Autorin erfährt auch gerne Deine Meinung zur Geschichte: In der Gruppe vom
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Band 1
Band 2
Band 3

Vom Lieben und Leben am Rhein
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Märchenzeit


Weitere Kalendergeschichten der Autorin:
Bald kommt der Nikolaus
Tante Hubertine
Urlaub auf dem Bauernhof


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